Öffentliche Zustellung der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft

Häufig gibt es die Situation, dass ein Gläubiger bereits ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid gegen seinen Schuldner in Händen hält, der Schuldner aber nicht auffindbar ist. Dies kann verschiedene Ursachen haben. So kann es sein, dass der Schuldner sich z.B. längere Zeit im Ausland aufhält und einfach nur vergessen hat, sich abzumelden bzw. seinem Gläubiger Bescheid zu geben.

Häufig gibt es aber auch Fälle, in denen es Schuldner ihren Gläubigern bewusst schwer machen, ihren Aufenthaltsort bzw. ihre ladungsfähige Adresse herauszufinden.

In einer solchen Situation stellt sich dann die Frage, ob die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft eigentlich auch öffentlich zugestellt werden kann.

Der Sachverhalt zum Beschluss des Bundesgerichtshofs über öffentliche Zustellung

Der Bundesgerichtshof hatte mit seinem Beschluss vom 30. November 2017, Az. I ZB 5/17, über einen Fall zu entscheiden, in dem der Gläubiger seine Schuldnerin, eine GmbH, nicht ausfindig machen konnte. Der Gerichtsvollzieher hatte zunächst erfolglos versucht, dem Geschäftsführer der Schuldnerin die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unter der inländischen Anschrift der Schuldnerin zuzustellen.

Der Gläubiger beantragte daraufhin bei dem von ihm beauftragten Gerichtsvollzieher, dass dieser die öffentliche Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft veranlassen solle. Dies lehnte der Gerichtsvollzieher jedoch mit der knappen Begründung ab, dass eine solche Zustellung nicht möglich sei.

Gegen die Entscheidung des Gerichtsvollziehers legte der Gläubiger beim Amtsgericht Frankfurt am Main Erinnerung ein und beantragte, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, dem Geschäftsführer der Schuldnerin die Ladung zum Termin öffentlich zuzustellen. Das Amtsgericht wies die Erinnerung zurück.

Daraufhin legte der Gläubiger beim Landgericht Frankfurt am Main sofortige Beschwerde ein, die aber ebenfalls erfolglos blieb. Das Landgericht Frankfurt am Main ließ aber die Rechtsbeschwerde zu, so dass der Gläubiger seinen Antrag vor dem Bundesgerichtshof weiter verfolgen konnte.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschluss vom 30. November 2017 klar, dass der Gerichtsvollzieher sehr wohl die öffentliche Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bewilligen kann.

Ablauf der Beitreibung von Geldforderungen durch einen Gerichtsvollzieher

Der Bundesgerichtshof beschreibt in seinem Beschluss zunächst den Ablauf der Beitreibung von Geldforderungen durch den Gerichtsvollzieher gemäß §§ 802a ff. ZPO: Der Gerichtsvollzieher ist gemäß § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufgrund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung befugt, eine Vermögensauskunft des Schuldners einzuholen. Der Gerichtsvollzieher setzt dem Schuldner für die Begleichung der Forderung eine Frist von zwei Wochen. Für den Fall, dass die Forderung nach Fristablauf nicht vollständig beglichen ist, setzt er dem Schuldner einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft alsbald nach Fristablauf und lädt den Schuldner zu diesem Termin gemäß § 802f Abs. 1 ZPO in seine Geschäftsräume. Die Ladung zum Termin ist dem Schuldner gemäß § 802f Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO zuzustellen, auch wenn dieser einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat.

Zustellungen von Amts wegen und Zustellungen auf Betreiben der Parteien

Danach führt der Bundesgerichtshof in seinem oben genannten Beschluss aus, dass die Zivilprozessordnung (ZPO) hinsichtlich des Verfahrens bei Zustellungen zwischen Zustellungen von Amts wegen (§§ 166 bis 190 ZPO) und Zustellungen auf Betreiben der Parteien (§§ 191 bis 195 ZPO) unterscheidet.

Bei der Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft handelt es sich um eine Zustellung auf Betreiben der Parteien. Denn der Gerichtsvollzieher holt die Vermögensauskunft des Schuldners nach § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufgrund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags des Gläubigers ein. Nach § 191 ZPO finden auf Zustellungen auf Betreiben der Parteien die Vorschriften über die Zustellung von Amts wegen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Vorschriften der ZPO Abweichungen ergeben. Eine Abweichung ergibt sich daraus, dass die bei anwaltlich vertretenen Parteien nach § 195 ZPO grundsätzlich zulässige Form der Parteizustellung durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt für die Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht in Betracht kommt, weil diese Ladung dem Schuldner auch dann persönlich zugestellt werden muss, wenn er durch einen Anwalt vertreten wird.

Nach § 191 ZPO ist der Gerichtsvollzieher neben anderen möglichen Zustellungsarten dazu befugt, in entsprechender Anwendung von §§ 185, 186 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die öffentliche Zustellung des Schuldners zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft zu bewilligen.

§ 185 ZPO regelt, dass die Zustellung in Fällen, in denen eine Zustellung in anderer Weise nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, durch öffentliche Bekanntmachung (= öffentliche Zustellung) erfolgen kann. Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet gemäß § 186 Abs. 1 Satz 1 ZPO das Prozessgericht.

Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft kann öffentlich zugestellt werden

Der BGH stellt nun in seinem oben genannten Beschluss klar, dass die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft in entsprechender Anwendung von § 185 ZPO öffentlich zugestellt werden kann. Entgegen der Ansicht des Landgerichts Frankfurt am Main kann die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung einer Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht mit der Erwägung verneint werden, das System der Parteizustellung kenne – anders als das System der Amtszustellung – keine öffentliche Zustellung, so der Bundesgerichtshof.

Denn nach § 191 ZPO finden die Vorschriften über die Zustellung von Amts wegen für die Zustellung auf Betreiben der Parteien grundsätzlich entsprechende Anwendung. Der Bundesgerichtshof liefert auch noch eine pragmatische Begründung. Er führt aus, dass eine öffentliche Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unter den Voraussetzungen des § 185 ZPO grundsätzlich möglich sein muss, da der Schuldner es ansonsten in der Hand hätte, die Durchsetzung der titulierten Forderung zu verhindern oder zu erschweren, indem er die Zustellung der Ladung vereitelt und damit den Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft und Anordnung seiner Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c ZPO unmöglich macht. Hier beweist der Bundesgerichtshof ein erstaunliches Gespür für die Praxis und die häufig anzutreffenden Vollstreckungsprobleme von Gläubigern.

Der Bundesgerichtshof führt in seinem Beschlusses dann weiterhin noch aus, dass über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft in entsprechender Anwendung von § 186 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Gerichtsvollzieher und nicht etwa das Vollstreckungsgericht zu entscheiden hat und begründet dies ausführlich.

Zusammenfassung

Die entscheidenden Aussagen des Beschlusses des BGH sind zusammengefasst, dass der Gerichtsvollzieher die vom Gläubiger beantragte Bewilligung der öffentlichen Zustellung der Ladung des Schuldners zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht mit der Begründung verweigern darf, eine solche Zustellung sei nicht möglich. Vielmehr hat der Gerichtsvollzieher in einer solchen Situation zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 185 ZPO für eine öffentliche Zustellung der Ladung erfüllt sind.

Bedeutung für die Praxis

Für die Praxis ist diese Entscheidung von großer Bedeutung. Für Gläubiger von Forderungen heißt sie, dass nun wesentlich bessere Möglichkeiten bestehen, den beauftragten Gerichtsvollzieher zu veranlassen, die öffentliche Zustellung des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft zu veranlassen. Dies bedeutet einen höheren Druck auf die jeweiligen Schuldner, da sie nach der öffentlichen Zustellung z.B. mit einer Eintragung im Schuldnerregister und in der Folge auch mit einem negativen Schufa-Eintrag zu rechnen haben. Ein negativer Schufa-Eintrag kann sowohl bei kleineren sowie größeren geplanten Geschäftsabschlüssen (z.B. Abschluss eines Mietvertrags, Darlehensvertrags, Mobilfunkvertrags) zu erheblichen Nachteilen führen. Auch ein überraschender Haftbefehl könnte die Folge sein. Wollen Schuldner solche Nachteile vermeiden, bedeutet dies für sie vor allem, sich besser mit offenem Visier mit ihren Gläubigern auseinanderzusetzen und zu verhandeln als sich zu verstecken bzw. Zustellungen zu vereiteln.



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