Grundsatzentscheidung des BGH zur Anlageberatung

In seiner so genannten „Bond“-Entscheidung“ vom 06.07.1993 (XI ZR 12/93) hat sich der BGH grundlegend zu den Anforderungen an eine Anlageberatung durch Banken und Anlageberater geäußert.

Der BGH hat in der Entscheidung festgestellt, dass ein Beratungsvertrag zwischen Bank und Kunde grundsätzlich stillschweigend zustande kommen kann. Für die Begründung eines Beratungsvertrages ist es daher nicht erforderlich, dass ein solcher Vertrag ausdrücklich oder gar schriftlich geschlossen wird. Vielmehr kann es ausreichend sein, dass ein Anlageinteressent an die Bank oder einen Berater herantritt und sein Beratungsbedürfnis zu erkennen gibt. Unschädlich ist es dabei, wenn die Initiative zunächst von der Bank selbst ausging, sie den Kunden etwa zu einem Beratungsgespräch gebeten hat.

Aus dem Beratungsvertrag ergeben sich für die beratende Bank oder auch für den Anlageberater spezifische vertragliche Verpflichtungen. Grundsätzlich besteht die Pflicht „anlegergerecht“ zu beraten. Dies beinhaltet u.a. die Verpflichtung, den Kunden nach seinem Anlageziel zu fragen und seinen einschlägigen Wissensstand zu Kapitalanlagen in Erfahrung zu bringen. Sofern die Bank eine diesbezügliche Kenntnis nicht aus der zwischen ihr und dem Kunden bestehenden Geschäftsbeziehung entnehmen kann, hat sie den Kunden entsprechend zu fragen.

Empfiehlt die Bank eine bestimmte Kapitalanlage, so muss die Empfehlung des konkreten Anlageobjektes den zuvor ermittelten Wünschen und Voraussetzungen des Bankkunden entsprechen (objektgerechte Beratung). Dabei trifft die Bank oder auch den Anlageberater die Pflicht, vollständig und richtig über alle wesentlichen Umstände aufzuklären, die mit der Anlageentscheidung im Zusammenhang stehen. Hierbei besteht insbesondere die Pflicht auf negative Entwicklungen hinzuweisen. Der Umfang dieser Aufklärung bemisst sich auch an dem Wissensstand des Bankkunden.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte die beklagte Bank Anleihen der Bond-Finance Ltd. empfohlen. Die Bank hatte es unterlassen auf negative Presseberichte hinzuweisen. Im Verfahren berief sie sich darauf, dass für die Bond-Finance Ltd. eine Börsenzulassung vorgelegen habe und sie daher nicht verpflichtet gewesen wäre, weitere Prüfungen vorzunehmen. Dem ist der BGH nicht gefolgt und hat die Bank zum Schadenersatz verurteilt.

Die Entscheidung ist bis heute grundlegend für die Beurteilung von Beratungsleistungen im Bereich des Kapitalanlagerechts.



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