Bundesgerichtshof: Kein Mitverschulden des Anlegers

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Februar 2015, Az. III ZR 90/14, darüber entschieden, inwieweit ein Anlageberater, der seine Pflicht zur anlage- und anlegergerechten Beratung verletzt hat, sich auf ein Mitverschulden des Anlegeinteressen berufen kann.

Beteiligung an einer atypisch stillen Gesellschaft

In dem Urteil des BGH geht um die Zeichnung einer Beteiligung an einer atypisch stillen Beteiligung an einem geschlossenen Fonds. Das Kapital der Anleger sollte in ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, bestehend aus Full-Service-Leasing, der Vermietung von Autos sowie zusätzlichen daran angebundenen Dienstleistungen und Leasinggeschäften aller Art investiert werden.

Das Berufungsurteil

Das OLG Frankfurt in Darmstadt hatte in seiner Entscheidung vom 13.03.2014 (Az. 22 U 115/12) zwar erkannt, dass der Anlageberater das Risiko eines Totalverlusts, selbst wenn er darauf hingewiesen haben sollte, jedenfalls verharmlost, indem er nach eigenen Angaben darauf hingewiesen habe, dass ein solcher Verlust sehr unwahrscheinlich sei; zudem habe er erklärt, ein etwaiger Verlust werde durch die steuerlichen Vorteile ausgeglichen. Damit, so das OLG, habe der Anlageberater die in der Beratungsdokumentation und der Beitrittserklärung enthaltenen Warnhinweise, unabhängig davon, ob diese ausreichend waren, sowie auch die Risikobeschreibung im Emissionsprospekt erheblich entwertet und etwaige Bedenken des Klägers zerstreut. Das OLG hatte den Schadensersatzanspruch des Klägers allerdings wegen Mitverschuldens um 50% gekürzt.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH findet deutliche Worte und führt aus, dass das Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Anforderungen an ein auf Seiten des Anlegers anzurechnendes Mitverschulden bei Zeichnung einer Anlage verkannt hat. Ein Verschulden im Sinne des § 254 BGB liegt dann vor, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, so der BGH in seinem Urteil. Das Vertrauen desjenigen, der sich von einem anderen, der für sich Sachkunde in Anspruch nimmt, beraten lässt, verdient besonderen Schutz. Deshalb kommt im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten der Einwand des Mitverschuldens nur unter besonderen Umständen zum Tragen, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf, so der BGH.

Die Kanzlei HEE Rechtsanwälte begrüßt diese Wertung des BGH, da zwischen Anlageberater und Anleger häufig ein Informationsgefälle besteht und der Anleger sich auch daher auf die Beratung verlassen können muss.

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