BGH Urteil zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen

Im Bereich des Kapitalanlagerechts liegen immer wieder Fallkonstellationen vor, bei denen nicht nur ein Beratungsfehler, sondern gleich mehrere Fehler ausgemacht werden können. Bis zur Entscheidung des BGH vom 09.11.2007 (V ZR 25/07) war umstritten, wie die Frage der Verjährung zu beantworten ist, wenn hinsichtlich eines Beratungsfehlers Verjährung eingetreten ist, hinsichtlich anderer Fehler aber noch nicht.

In dem Fall, der dem BGH zur Entscheidung vorlag, hatten die klagenden Kapitalanleger im Jahre 1997 eine Eigentumswohnung von der beklagten Wohnungsverkäuferin gekauft. Im Rahmen der Beratung, die zum Kauf der Wohnung führte, waren die Kläger u.a. falsch über die zu erwartenden Mieteinnahmen getäuscht worden. Es erfolgte auch keine Aufklärung über die Besonderheiten des Mietpools. Das Berufungsgericht hatte festgestellt, dass eine Verjährung der Ansprüche eingetreten war, da die Kläger seit 2001 Kenntnis von zahlreichen Beratungsfehlern hatten und weder Klage noch ein Schlichtungsverfahren rechtzeitig eingeleitet worden war. Dabei hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, dass insgesamt eine Verjährung der Ansprüche vorlag. Das Berufungsgericht hatte hierzu ausgeführt, dass die Verjährung nicht erst mit Kenntnis des fünfundzwanzigsten Beratungsfehlers beginne, sondern dann, wenn insgesamt eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für eine Klage bestehe. Die Kläger konnten ihre Klage daher nicht auf eine mangelnde Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltenen Zinssubventionen stützen von denen sie erst später Kenntnis erlangt hatten.

Dem ist der BGH in seiner Entscheidung entgegengetreten und hat festgestellt, dass die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden einzelnen Beratungsfehler gesondert zu laufen beginnt. Dazu hat der BGH ausgeführt:

„Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrages erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Aufklärungspflichtverletzungen zu verjähren beginnen. Dem steht nicht entgegen, dass bereits ein Beratungsfehler ausreichen kann, um die Rückabwicklung des gesamten Vertrages zu erreichen. Denn jede Pflichtverletzung ist mit weiteren Nachteilen für das Vermögen des Gläubigers verbunden. Das rechtfertigt es, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2003, XI ZR 386/02, ZIP 2003, 1782, 1783).“

Da die Sache noch nicht entscheidungsreif war, hat der BGH den Fall an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Diese Entscheidung des BGH zum Aktenzeichen V ZR 25/07 hat für den Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts grundlegende Bedeutung, da in der Praxis sehr häufig Fallkonstellationen anzutreffen sind, in denen gerade nicht nur ein Beratungsfehler vorliegt. Da die regelmäßige Verjährung erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginnt, ist es um so wichtiger, in der Fallbearbeitung genau herauszuarbeiten, welche Beratungsfehler vorliegen und wann frühestens Kenntnis von diesen vorgelegen haben kann.



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