Nachdem es in etlichen zur Verhandlung angestandenen Verfahren vor dem BGH stets kurz vor Verhandlung zu einer Rücknahme der Revision oder zu einem Vergleichsschluss gekommen war, hat der BGH zu zwei zentralen Fragen beim Widerruf von Darlehensverträgen nunmehr endlich entscheiden können.
In beiden Verfahren (Az: XI ZR 501/15 und XI ZR 564/15) ging es u.a. darum, ob das Recht der Darlehensnehmer verwirkt war und ob die Ausübung des Widerrufsrechts zudem in rechtsmissbräuchlicher Weise erfolgte. Der BGH hat sowohl eine Verwirkung als auch einen Rechtsmissbrauch verneint.
Im Verfahren XI ZR 564/15, dem die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 11.11.2015 Az. 14 U 2439/14 zugrunde lag, hatte das OLG Nürnberg die Sparkasse Nürnberg verurteilt und der Klägerin attestiert, dass ihr Widerruf wirksam war. Das OLG Nürnberg hatte in der Entscheidung festgestellt, dass sich die Sparkasse nicht auf die Verwendung des seinerzeit gültigen Musters zur Widerrufsbelehrung berufen könne, da sie insbesondere durch Einfügen von Fußnoten inhaltlich in die Musterwiderrufsbelehrung eingegriffen habe. In der fraglichen Widerrufsbelehrung hatte die Sparkasse hinter der Angaben der Zweiwochenfrist mittels Fußnote eingefügt „Frist im Einzelfall prüfen“. Dies wurde vom BGH nun bestätigt.
Weiter bestätigt der BGH in seiner Entscheidung die Feststellung des OLG Nürnberg zur Frage der Verwirkung und der unzulässigen Rechtsausübung. Das OLG war hier den Argumenten der Sparkasse Nürnberg nicht gefolgt. Insbesondere ließe sich aus der Tatsache der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Sparkasse nicht schlussfolgern, ein Darlehensnehmer wolle eine bestehende Widerrufsmöglichkeit nicht mehr nutzen und habe daher sein Recht zum Widerruf verwirkt.
Mit der Entscheidung hat der BGH nun den immer gleichen Argumenten der Sparkassen und Banken hinsichtlich der Verwirkung und Rechtsmissbräuchlichkeit eine Absage erteilt. Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen der Widerruf vor Ablösung des Darlehens erfolgte. Aber auch in anderen Fällen ist grundsätzlich nicht von einer Verwirkung oder Rechtsmissbräuchlichkeit auszugehen.
Dies hat der BGH in der weiteren Entscheidung vom 12.07.2016 XI ZR 501/12 festgestellt. Der Entscheidung lag ein Urteil des Hanseatischen OLG Hamburg vom 16.10.2015 13 U 45/15 zugrunde. In dem Fall geht es darum, ob eine Darlehensaufnahme im Rahmen eines Haustürgeschäftes erfolgte und ob die diesbezügliche Widerrufsbelehrung wirksam war. Der BGH hat festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung nicht korrekt war. Da das OLG Hamburg jedoch keine Feststellungen zur Haustürsituation getroffen hatte, hat der BGH schon aus diesem Grund die Sache an das OLG zurückverwiesen. Eine Absage hat der BGH jedoch der Begründung des OLG erteilt, die Ausübung des Widerrufsrechtes sei allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger sich nur von den Auswirkungen einer unvorteilhaften Investition lösen wolle. Nach der Pressemitteilung des BGH wird das OLG Hamburg jedoch ggf. zu prüfen haben, ob aus sonstigen Gründen eine Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt.
Der Fall vor dem OLG Hamburg ist jedoch mit den meisten „normalen“ Widerrufsfällen nicht vergleichbar. Das Darlehen wurde bereits in 2007 vollständig abgelöst und der Widerruf erst in 2014 erklärt.