Anspruch auf Dank und gute Wünsche im Arbeitszeugnis?

Es gibt viele Gründe, weshalb ein Arbeitnehmer einen Betrieb verlässt. Auf der weiteren Arbeitssuche ist ein Arbeitszeugnis vom vorherigen Arbeitgeber eine essenzielle Voraussetzung, um mit den jeweiligen Referenzen zu überzeugen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, welche Form und welchen Inhalt ein Arbeitszeugnis enthalten muss. Ferner wurde das BAG im Jahr 2012 vor die Frage gestellt, ob ein Angestellter innerhalb der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses einen Anspruch auf eine Dank -und Grußformel für die Zukunft am Ende des Zeugnisses hat.

Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, § 109 GewO

Innerhalb der Arbeitszeugnisse kann zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden werden. Informiert ein Arbeitszeugnis nur darüber, wer, wann, wie lange und wo gearbeitet hat, handelt es sich um ein einfaches Arbeitszeugnis

Darüber hinaus hat jedoch jeder Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Ausstellung eines sog. qualifizierten Arbeitszeugnisses gem. § 109 GewO.
Typischerweise besteht ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nicht nur aus dem einfachen Nachweis und einer Bewertung über die vollbrachten Leistungen des Angestellten. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält u.a. auch eine Beurteilung von sozialen Kompetenzen, welche Aufgaben der Arbeitnehmer vollbracht hat, wie gut er diese gemeistert hat und wie er sich gegenüber seinen Kollegen und Vorgesetzen verhalten hat. Hierbei lassen sich in vielen qualifizierten Arbeitszeugnissen häufig ähnliche Formulierungen erkennen. Dies liegt daran, dass innerhalb eines qualifizierten Arbeitszeugnisses der Arbeitgeber den Angestellten durch eine Note bewertet. Dies erfolgt nicht durch eine tabellarische Schulnote, sondern durch eine schriftliche Begründung. So steht beispielweise die Formulierung: „Er erfüllt seine Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit.“ für die Note „sehr gut“, hingegen drückt die Formulierung: „Er erfüllt seine Aufgaben zur Zufriedenheit.“ lediglich ein „ausreichend“ aus. Jene floskelartigen Formulierungen sind in der Arbeitswelt allseits bekannt, weshalb es aus der Sicht des Arbeitnehmers bei kleinsten Abweichungen von Formulierungen zu einer Verschiebung der Bewertung kommen kann.

Dank- und Grußformel als zwingender Teil des qualifizierten Arbeitszeugnisses?

Gerade bei langjährigen Angestellten finden sich häufig in der Schlussformel des Zeugnisses Dank und gute Wünsche für die Zukunft des Arbeitnehmers wieder. Die rechtliche Anspruchsgrundlage des § 109 GewO regelt nicht spezifisch, welchen Inhalt das qualifizierte Arbeitszeugnis aufzeigen muss und stellt auch keine Vorgaben für Dank und Wünsche auf. Das BAG entschied jedoch in seinem Urteil vom 11.12.2012 (Az.: 9 AZR 227/11), dass ein Arbeitnehmer auf eine Schlussformel wie: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“ keinen Anspruch hat. Laut Auffassung des Gerichts wertet das Fehlen einer solchen Schlussformulierung das Arbeitszeugnis nicht ab und persönliche Empfindungen des Arbeitgebers sind nicht zwingend erforderlicher Inhalt eines Zeugnisses. Ein bestimmter Inhalt und der Dank und Wünsche für die Zukunft sind nicht von dem Anspruch aus § 109 GewO gedeckt. Zwar kann das Fehlen einer Dankes -und Wunschklausel eventuelle Unstimmigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer indizieren, der Arbeitgeber kann allerdings nicht zwingend auf eine solche Formulierung in Anspruch genommen werden.
Trotz dessen ist es dem Arbeitnehmer umgekehrt nicht verwehrt sich im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs gegen eine Grußformel zu wehren, die ihm missfällt. Eine Schlussformulierung ist keine gesetzliche Vorgabe für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, sodass der Arbeitnehmer auch auf jene verzichten darf.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entscheidet: Es darf keine Schädigungsabsicht seitens des Arbeitgebers vorliegen

In seiner Entscheidung vom 02.04.2019 (Az.: 2 Sa 197/18) stellt das LAG Mecklenburg-Vorpommern fest, dass in Ausnahmefällen ein Anspruch des Angestellten auf eine sog. verkehrsübliche Schlussformel im Arbeitszeugnis besteht. Dies soll dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber durch die Verweigerung einer Schlussformel seine Verärgerung zum Ausdruck bringen und den Arbeitnehmer aktiv schädigen und bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber bloßstellen möchte.

Fazit

In Ausnahmefällen ist es dem Arbeitnehmer gewährt, einen Anspruch auf eine verkehrsübliche Abschlussformulierung im qualifizierten Arbeitszeugnis geltend zu machen, wenn dem Arbeitgeber ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden kann. Dieser Nachweis wird in einem gerichtlichen Prozess in der Regel sehr schwierig für den Arbeitnehmer zu erbringen sein.

Somit hat in den allermeisten Fällen der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Existenz oder einen konkreten Inhalt der Schlussformel. Zwar ist das Urteil des BAG in der Fachliteratur umstritten und wird kritisiert, es ist jedoch bisher keine entgegenstehende Entscheidung des BAG ergangen.



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